5 Herausforderungen der realen Welt im fortgeschrittenen Skill Management und wie man sie meistert

Fortgeschrittenes Skill Management

Einleitung

Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren etablierte Strukturen für das Skill Management aufgebaut. Kompetenzmodelle wurden entwickelt, Skill-Matrizen ausgefüllt und entsprechende Tools eingeführt. Auf dem Papier wirkt das vielversprechend. In der Praxis zeigt sich jedoch ein anderes Bild: veraltete Daten, geringe Nutzung und eine begrenzte Integration in Entwicklung, Planung oder Projektarbeit.

Das Problem liegt nicht im Konzept selbst, sondern in der Umsetzung. Traditionelles Skill Management erfolgt häufig isoliert, losgelöst von zentralen Geschäftsprozessen und selten im Einklang mit strategischen Zielen. Es fehlt an Klarheit, Verantwortlichkeit und spürbarem Mehrwert – sowohl für Fachkräfte als auch für Entscheidungstragende. Genau hier setzt Advanced Skill Management an: mit dem Ziel, Kompetenzen nicht nur zu erfassen, sondern sie aktiv weiterzuentwickeln, zu steuern und unternehmensweit nutzbar zu machen.

In der Zusammenarbeit mit HR-Verantwortlichen, Expertinnen und Experten für Organisationsentwicklung sowie operativen Teams stoßen wir immer wieder auf dieselben fünf strukturellen Hürden. Wer diese Herausforderungen erkennt und gezielt angeht, kann Advanced Skill Management zu einem echten strategischen Instrument machen – statt es auf eine reine Datensammlung zu reduzieren.

Skill-Daten sind veraltet

Ein typisches Szenario: Die Skill-Matrix wurde vor einem Jahr ausgefüllt. Seitdem hat sich vieles verändert – neue Aufgaben, Schulungen, sich wandelnde Projektrollen. Doch die Einträge bleiben unverändert. Niemand fühlt sich für die Pflege verantwortlich, Führungskräfte haben wenig Anreiz, die Daten zu aktualisieren, und HR fehlt der Zugang zu verlässlichen, aktuellen Informationen.

Genau an diesem Punkt setzt Advanced Skill Management an. Es erfordert wiederkehrende Prozesse, verlässliche Datenquellen und klar definierte Zuständigkeiten. Regelmäßige Selbsteinschätzungen in Kombination mit Feedbackzyklen oder Entwicklungsgesprächen helfen, die Daten aktuell zu halten. Noch wirkungsvoller ist die automatisierte Anreicherung der Skill-Daten über Projekttools, Lernplattformen oder Erkenntnisse aus der täglichen Zusammenarbeit.

Ein starkes Beispiel liefert Johnson & Johnson. Das Unternehmen nutzt KI-gestützte Inferenzmodelle, um Kompetenzen automatisch auf Basis der Rollenhistorie, Aktivitäten und des Lernverhaltens von Mitarbeitenden zu identifizieren.

In einem funktionierenden System für Advanced Skill Management werden Kompetenzen nicht nur erfasst. Sie werden kontinuierlich weiterentwickelt, aktualisiert und sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene sichtbar gemacht.

Skill Management ist nicht mit der täglichen Arbeit verknüpft

Viele Systeme existieren parallel zur Realität. Skill-Daten befinden sich in einem Tool, sind aber nicht mit Rollenprofilen, Projekteinsätzen oder Entwicklungsinitiativen verknüpft. Fachkräfte erkennen keinen Nutzen – und Führungskräfte ebenso wenig.

Was hilft, ist ein integrierter Ansatz. Advanced Skill Management verknüpft Skill-Daten mit strategischen HR-Prozessen wie Karriereentwicklung, Projektplanung und Performance Management. Erst wenn diese Informationen aktiv in alltägliche Entscheidungen einfließen, gewinnen sie an Relevanz und Akzeptanz.

Ein überzeugendes Beispiel liefert DHL mit seinem internen Karriere-Marktplatz. Das Unternehmen nutzt Skill-Daten aktiv, um Fachkräfte passenden Aufgaben, Projekten und Rollen zuzuordnen. Die Plattform hilft, interne Möglichkeiten sichtbar zu machen, und fördert Mobilität auf Basis tatsächlicher Kompetenzen.

Advanced Skill Management schafft Mehrwert, indem Kompetenzen nicht isoliert verwaltet, sondern direkt mit realen Entscheidungen und Entwicklungsmöglichkeiten verknüpft werden.

Kompetenzrahmen sind zu starr

Zentrale Skill-Kataloge sind darauf ausgelegt, Konsistenz und Vergleichbarkeit zu schaffen. In der Praxis werden sie jedoch häufig zu Engpässen. Fachbereiche fühlen sich nicht ausreichend abgebildet. Neue Themen lassen sich nicht integrieren. Die Pflege wird zunehmend komplexer, während der Gesamtnutzen sinkt.

Was hilft, ist ein modularer Ansatz. Ein gut konzipiertes Framework für Advanced Skill Management definiert einen stabilen Kern an Kompetenzen und bietet gleichzeitig Flexibilität für einzelne Fachbereiche. Teams sollten eigene Skills vorschlagen und definieren können, ohne die Gesamtstruktur zu beeinträchtigen. So bleibt das System anpassungsfähig und zugleich abgestimmt – ohne Klarheit oder Konsistenz zu verlieren.

Skill-Daten werden nicht genutzt

Selbst wenn Skill-Daten gut gepflegt sind, bleibt ihr Potenzial oft ungenutzt. Die Informationen sind vorhanden, werden jedoch selten für strategische Planung oder operative Entscheidungen herangezogen. Dadurch verlieren sie ihre eigentliche Funktion.

Was hilft, ist Sichtbarkeit und ein klarer Anwendungsbezug. HR-Teams benötigen Einblicke für die Nachfolgeplanung. Projektverantwortliche brauchen Skill-Matching, um leistungsfähige Teams zusammenzustellen. Führungskräfte benötigen Transparenz, um individuelle Entwicklung gezielt zu steuern. Ein zentrales Dashboard oder gezielte Reports können dabei helfen, die richtigen Fragen zu stellen und umsetzbare Antworten zu finden.

Advanced Skill Management stellt sicher, dass Skill-Daten nicht nur gespeichert, sondern im gesamten Unternehmen aktiv genutzt werden – zur Unterstützung von Planung, Personaleinsatz und Wachstumsentscheidungen.

Es fehlt eine echte Entwicklungsperspektive

Wenn sich das Skill Management ausschließlich auf Datenerfassung konzentriert, wirkt es schnell wie ein Kontrollinstrument. Fachkräfte werden befragt, aber nicht begleitet – das schwächt sowohl Motivation als auch Vertrauen.

Was hilft, ist eine entwicklungsorientierte Haltung. Advanced Skill Management muss über die Analyse hinausgehen und Wachstum ermöglichen. Klare Lernpfade, relevante Weiterbildungsangebote und sichtbare interne Karrieremöglichkeiten tragen zu einem System bei, das individuelle Entwicklung gezielt unterstützt.

Wer Kompetenzen sichtbar macht, muss auch sinnvolle Möglichkeiten schaffen, sie gezielt zu stärken. Nur dann wird aus statischer Dokumentation ein aktives Entwicklungsinstrument.

Praxisbeispiel: Wie Johnson & Johnson und DHL Advanced Skill Management strategisch nutzen

Zwei internationale Unternehmen zeigen, wie modernes Skill Management in der Praxis aussieht. Ihre Ansätze unterscheiden sich, doch eines haben sie gemeinsam: Sie betrachten Kompetenzen als strategisches Steuerungselement für die Organisation.

Johnson & Johnson: Ein zukunftsorientiertes Skill-Ökosystem

In den letzten Jahren hat Johnson & Johnson ein unternehmensweites Skill-Framework aufgebaut, das auf strategischer Planung, individueller Entwicklung und interner Mobilität basiert. Im Zentrum stehen 41 „zukunftsrelevante Kompetenzen“, die bereichsübergreifend als Referenz dienen. Dazu zählen unter anderem Datenkompetenz, Automatisierungsfähigkeiten und digitales Prozessmanagement.

Was Johnson & Johnson von anderen Unternehmen unterscheidet, ist der Einsatz von KI, um die Kompetenzdaten ständig auf dem neuesten Stand zu halten. Durch die Inferenztechnologie kann das Unternehmen identifiziert automatisch Fähigkeiten auf der Grundlage des Rollenverlaufs der Mitarbeiter, der Projektzuweisungen und der Lernaktivitäten. Diese Daten werden nicht isoliert gesammelt, sondern sind tief in die HR-Technologie-Infrastruktur des Unternehmens integriert.

Führungskräfte erhalten einen Echtzeit-Einblick in die aktuellen Fähigkeiten ihrer Teams. HR kann internes Entwicklungspotenzial gezielter analysieren. Fachkräfte erhalten personalisierte Lernpfade und Karriereoptionen auf Basis ihrer Profile. Dadurch wird die Nachfolgeplanung präziser – und die interne Mobilität verbessert sich spürbar.

Quellen:
hyer - Johnson & Johnsons Matchmaking-Ansatz für die Weiterbildung von Mitarbeitern
MIT CISR - Behebung von Qualifikationsdefiziten bei Arbeitskräften durch KI-gestützte Einblicke
Financial Times - KI-Tools und die Zukunft der Kompetenzen

DHL: Skill-Daten als Grundlage interner Mobilität

DHL verfolgt einen etwas anderen Ansatz. Im Mittelpunkt steht eine digitale Karriereplattform, über die alle Mitarbeitenden Zugang zu internen Jobangeboten, Projekten und Lernprogrammen erhalten. Das Matching basiert auf den individuellen Kompetenzen und Interessen der Fachkräfte, die regelmäßig aktualisiert und mit den Anforderungen offener Rollen abgeglichen werden.

Manager können offene Stellen mit internen Talenten besetzen, ohne auf externe Anwendungen angewiesen zu sein. Zur gleichen Zeit, Mitarbeiter erhalten personalisierte Lernvorschläge die ihnen helfen, auf ihre Karriereziele hinzuarbeiten. Infolgedessen wird das Kompetenzmanagement nicht als Kontrollinstrument wahrgenommen, sondern als echte Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung.

Die Ergebnisse sind messbar: Die internen Besetzungsquoten steigen, die Fluktuation sinkt und der Aufwand für Recruiting reduziert sich deutlich. HR nutzt Skill-Daten proaktiv für Workforce Planning, Nachfolgemanagement und Qualifizierungsmaßnahmen – nicht als Nebenprodukt, sondern als zentrales Steuerungsinstrument.

Quelle:
Financial Times - Arbeitgeber setzen auf KI-Tools, um Qualifikationslücken zu schließen und Mitarbeiter zu halten

Was andere Unternehmen hiervon lernen können

Beide Beispiele zeigen, dass Advanced Skill Management kein reines Digitalisierungsprojekt ist. Es erfordert Klarheit über strategische Ziele, ein praxisnahes und skalierbares Framework sowie die Bereitschaft, Skill-Daten aktiv zu nutzen. Der Schlüssel liegt in der konsequenten Ausrichtung von Technologie, Organisationsstruktur und Kultur.

Unternehmen, die den nächsten Schritt gehen wollen, sollten sich folgende Fragen stellen:

  • Nutzen wir Skill-Daten strategisch – oder erfassen wir sie nur?
  • Welche Rollen, Projekte oder Prozesse profitieren tatsächlich von Skill-Transparenz?
  • Wie regelmäßig und verlässlich aktualisieren wir unsere Skill-Daten?
  • Bieten wir interne Entwicklungspfade an, die kompetenzbasiert und aktiv unterstützt sind?

Die Antworten auf diese Fragen entscheiden darüber, ob Skill Management eine rein administrative Routineaufgabe bleibt – oder zu einem wirkungsvollen Hebel für strategische Talententwicklung wird.

Fazit

Advanced Skill Management beginnt dort, wo traditionelle Modelle an ihre Grenzen stoßen. Es verknüpft Kompetenzen mit Rollen, Prozessen und strategischen Entscheidungen. Es schafft Transparenz, fördert Entwicklung und befähigt Fachkräfte, ihre Weiterentwicklung selbst in die Hand zu nehmen.

Die technische Grundlage ist wichtig – aber nicht entscheidend. Was wirklich zählt, ist die Haltung: Kompetenzen sind nicht bloß Datenpunkte zur Erfassung, sondern eine strategische Ressource zur Steuerung der Organisation. Unternehmen, die diesen Wandel vollziehen, gewinnen mehr als Informationen. Sie gewinnen Klarheit, Agilität und langfristige Zukunftsfähigkeit.